Ehemaliger Prospekt der Stadt Menden

zusammengestellt

aus den Berichten des Schulrektors Johannes Wilhelm Berenbrock * 1793  + 1871


Aus den Akten des Stadtarchiv Menden, ermittelt durch Willi Stehmann, für die Homepage aufbereitet durch Margarete und Wolfgang Kißmer.

 


Wie beinahe alle Städte, so war auch Menden mit Mauern, Gräben und Türmen umgeben.

 

Die Stadt hatte 3 Tore, das Obere, das Untere und das Mühlentor, sämtlich von starkem Eichenholze und mit eisernen Platten beschlagen.  An jedem Tor war eine Wohnung für den Pförtner, der abends schließen und morgens öffnen musste. Jedes Tor bestand aus 2 Flügeln, in einem derselben war eine kleine Tür angebracht um Fußgänger nach dem Torschluss ein- und auszulassen.

 

Bis zu dieser Zeit war der Stadtgraben und die Ringmauern samt den Türmen noch in altem Zustande, wenn auch hin und wieder etwas beschädigt. Der Stadtgraben konnte teils mit dem Wasser aus dem Glockenteich, teils aus dem Mühlengraben, mittels eines unterirdischen Kanals oberhalb der Lohmühle gefüllt werden. Die Mauern und Türme waren mit Schießscharten versehen.

 

Der Türme waren zu Anfang des Jahrhunderts noch 10, namentlich 1. am oberen Tore, 2. hinter dem  jetzigen  Krankenhaus, ein halbrunder Stumpf, 3. dem Hause des F.P. Huckschlag gegenüber, 4. an der Mühlenpforte, 5. der noch stehende Turm, 6. an der untersten Pforte, 7. wo Ebel wohnt, 8. auf der Hausstätte des Lehrers Rose, 9. der Turm bei Wredens Häuschen und 10. auf der Hausstätte des Tierarztes Meyer. 

 

 

Außerhalb der Ringmauern gab es keine Häuser, nur einige Scheunen standen auf dem Ballplatze, welche zur Aufbewahrung geerntetem Getreide dienten. Die Stadt hatte 272 Häuser, außerhalb der Mauern wurde nicht gebaut, daher konnte sich die Stadt nicht vergrößern. 

 

Vor der Pflasterung der Straßen verdiente die Stadt in der Tat den Namen Päutmennen, wie sie in der Umgebung genannt wurde. In den ungepflasterten Straßen sammelte sich Kot und Regenwasser zu Pfützen. Fast vor jedem Hause lag ein Düngerhaufen, der von den Rädern der Fuhrwerke berührt wurde. In den Nebenstraßen dienten Steine oder ein Vierspann von Holz zum Überschreiten des kotigen  Fahrweges, ohne diese konnte niemand mit trockenen Füßen von einem Haus zum anderen kommen. Auf freien Plätzen wie z.B. auf dem Fleckenplatz hinter Semer, zwischen Bäcker Pantel und Rosier, vor Lillotten, Dahlmanns und Biggelebens Haus und anderen Orten floß der Unrat zusammen und bildete Teiche, auf welchem sich bei Frostwetter die lustige Jugend versammelte, doch hatten die Teiche in den Stadtgräben den Vorzug.

 

Nachdem die kleinen Kriege, welche zwischen Städten, Rittern, Grafen und Adeligen geführt worden längst aufgehört, hatten die Befestigungen der Stadt keine Bedeutung mehr. Mauern und Türme sind dem 1. Jahrzehnt des laufenden Jahrhunderts auf Befehl der Darmstädtischen Regierung abgebrochen und zum Chausseebau verwendet worden. Steine davon liegen auf der Wegstrecke von der Stadt bis zum Sellhauser Bach. Endlich fing man an die Straßen zu pflastern. Mit der Hauptstraße wurde der Anfang gemacht, dann die Pflasterung der Nebenstraßen und offenen Plätze vorgenommen, und die Düngehaufen von fast allen Straßen entfernt. 

 

Die Bauart der Häuser war der Hauptnahrungsquelle der Einwohner, dem Ackerbau entsprechend. Die nach Art der Bauernhäuser eingerichteten Wohnungen  hatten alle, sie mochten noch so klein sein, ein Einfahrttor und eine Tenne. Der Erntewagen fuhr hinein, dabei waren sie so niedrig, das die Garben vom Wagen auf den Boden gereicht werden konnten. Noch jetzt sind einige altmodische Häuser da, an welchen zwar die große Tür mit einer kleinen vertauscht ist, man aber den Umriss derselben noch wahrnehmen kann. Tennen- und Einfahrtstore sind nach und nach verschwunden und der Raum zu Wohnungen eingerichtet.  

 

 

Auch hatte früher jedes Haus eine Rauchbühne zum Räuchern des Fleisches, aber auch diese sind zur Seltenheit geworden. Die wenigsten Häuser hatten Schornsteine, viele waren mit Stroh gedeckt und das Fachwerk mit Lehmwänden ohne äußeren Kalküberzug. Weiße Wände waren eine Seltenheit.  

Nach Entfernung der Mauern und Türme entstanden neben den 3 Hauptausgängen noch 6 Nebenöffnungen. 1. der Weg zum Totenhofe, 2. durch Anlage des Brunnens beim Hause des Lehrers Rose, 3. bei dem Meyerschen, 4. bei dem Schnettlerschen Hause, 5. bei der Schröderschen Färberei und 6. bei dem  Schmidtschen Hause an der Saustraße.

 

 

 

Das Plantum der Stadt ist bei der Pflasterung der Hauptstraße im ersten Viertel des Jahrhunderts erniedrigt worden, wodurch an verschiedenen Häusern in der Mitte der Stadt Treppen nötig wurden, welche vorher keine hatten.

 

Der städtische Brunnen, früher von Holz, stand zwischen dem Beiderlindeschen und dem Graumannschen Häusern. Da er aber baufällig war und der Reparatur bedurfte, hat man ihn von Stein gemacht und da er ohnehin die Passage, besonders an den Markttagen beengte, setzte man ihn in den Winkel den Haupt- und Mühlenstraße bilden.

 

Wo sich Mühlenstraße und Hauptstraße berühren, stand früher ein zweistöckiges Wachthaus für die Nachtwache und hinter demselben ein Trisel (Trille). Nach Entfernung desselben wurde in dem Erdgeschoss des alten Rathauses eine Wachstube eingerichtet. 

 

                                     Trille - Nachbau in Neuenrade

 

 Durch die Straßenpflasterung wurde nicht allein die Reinlichkeit in der Stadt  gefördert, auch die Bürger wurden dazu angeregt und fanden sich veranlasst, auch ihrerseits zur Verschönerung der Stadt beizutragen, indem sie sich immer mehr bestrebten ihren Häusern ein besseres Ansehen zu geben.

 

Die bisherigen Lehmwände wurden mit Kalk überzogen, die großen Einfahrtstore und schlechten Fenster entfernt, man gebrauchte  besseres Glas und bessere Fensterscheiben.  In den Wohnhäusern wurden keine Tennen mehr angelegt, auch die Stallungen und Rauchbühnen aus denselben entfernt. Strohdächer und Rauchröhren aus Flechtwerk polizeilich verboten. Dagegen wird nie mehr ein Haus ohne Schornstein gebaut. In Bezug auf diesen ist zu melden, das solche Schornsteine, welche bestiegen werden können fast gar nicht mehr, dagegen die russischen Röhren angelegt werden, da diese weniger Raum einnehmen. Fenster und Türen werden mit  Anstrich versehen und die Wände tapeziert.

 

Der Kirchhof war an der Westseite zwischen dem Alten Rathaus und der Apotheke mit einer 6 - 7 Fuß hohen Mauer von dem Marktplatz abgesperrt. Man gelangte beim Rathaus mittels einer steinernen Treppe, bei der Apotheke durch ein Fahrtor auf den Kirchhof. Dieser war bei den übrigen Öffnungen durch ein liegendes Eisengitter vor dem Überlaufen der Tiere gesichert. An dem Ort des jetzigen Spritzenhauses stand früher ein sogenanntes Beinhaus, wo der Totengräber die ausgegrabenen Totengebeine sammelte. Das Alte Rathaus war in 2 Räume geteilt, der eine diente den Ratsherren zu ihren Sitzungen und wurde Ratskammer genannt. Der andere größere Teil stand den Versammlungen der großen Gilde und Zünfte zu Gebote, welche hier selbst ihren Maizech hielten, auch diente er zur Aufbewahrung der Feuerlöschgeräte.

 

Bildquelle : 

Menden in Geschichte und Gegenwart  - Jutta Törnig-Struck  -  Aus Fachwerk, Bruchstein und Beton

 

Das Rathaus ein massives, unschönes Gebäude wurde im Jahre 1836 abgebrochen und  an dessen Stelle das jetzige Schulgebäude errichtet. Auf dem Grunde des ehemaligen Stadtgraben befinden sich 40 Gebäude. Gegenwärtig (am Schlusse des Jahres 1862) beträgt die Häuserzahl 380. Oberhalb der Stadt war die Anlage neuer Straßen nötig, daran die Häuser gebaut werden konnten. Das die Häuser zunächst unterhalb der Stadt nicht an die Chaussee planmäßig gebaut sind ist geschehen, weil es geheißen hat, diese solle gerade gezogen und mehr örtlich gelegt werden, was bei der ursprünglichen Anlegung derselben von vornherein abgewendet wurde um Grundstücke zu schonen.

 

Zur Stadt gehören auch einige Außenbürger, namentlich Vieler und Zeppenfeld in der platten Heide, dergleichen auch die dort befindliche Ziegelei. Ein Haus  bei der Fabrik Neuwalzwerk, dem Ackerwirt Wulf an dem Werlwege, die Häuser an dem Lahrbach, welche an der Südseite des Weges liegen. Die Fabrik der Firma Eichelberg und Co., samt der sogenannten Schleifmühle, die Häuser der Gebrüder Schröder an der Fingerhutsmühle, die dabei befindliche Drahtfabrik, jetziges Eigentum des Fabrikherren Truenit, die in der Nähe befindlichen Fabrikwohnungen an der Chaussee, endlich auch das sogenannte Platzhäuschen und die halbfertige Sägemühle. Die Forstverwaltung an der Südseite der Waldemei hat die Stadt bauen lassen. Die früher der Stadt eigentümlich zugehörige Ziegelei auf der platten Heide, das am Oeseflusse liegende Schrödersche Haus und die vorhin erwähnte Schleifmühle waren schon im vorigen Jahrhundert angelegt. Alle übrigen Gebäude sind im laufenden Jahrhundert angelegt.

 

Wenn die Stadt im Vergleich mit vielen anderen Städten nur geringen Anspruch auf Schönheit machen kann, so ist sie doch auch in der Verbesserung des äußeren Ansehens nicht zurück geblieben, sondern hat gegenüber früher bedeutende Fortschritte gemacht, was auch Reisenden, die sie nach einer Reihe von Jahren wieder sahen, lobend anerkennen. Im Betreff der Gasanlage hat sie vor vielen ihresgleichen sogar einen richtigen Vorsprung. Die Gasfabrik ist im Jahre 1861 angelegt worden.  

 

Bildquelle  :   Stadtmuseum      -     1849  Heinrich Brakel